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Der Soldat

Über die Abgründe des Krieges

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Der Soldat

Irgendwo im Kriegsgebiet.

Es war das laute Trommeln des Regens, der unnachgiebig seine Wut auf die Menschen herabfielen ließ. Der Soldat selbst bemerkte nichts, zu laut pochte sein Herz, welches alle Geräusche um ihn herum unterdrückte. Zwischen zwei Ruinen kauerte er in einer Enge, sein olivfarbener Anzug schon lange durchnässt, sein Helm rutschte ihm ständig umher.

Hektisch und immer wieder drehte er sich umher. Das Gewehr hing an seiner Brust wie ein säugendes Baby. Nach hinten war er nicht gedeckt, der Eingang offen. Es war ein ziemlich ungünstiges Versteck für ihn, aber was sollte er sonst machen? Seine Beine schleppten ihn hierher, soweit sie konnten, denn bei all seinen Schmerzen trugen sie auch noch sein Leben.

Der Krieg setzte dem Soldaten zu. Sein Blick war kalt und leer. Gedanken konnte er nicht mehr formen, sein Körper übernahm die Kontrolle und führten doch nur das einprogrammierte Training aus. Das Adrenalin strömte schon lange nicht mehr, der Körper produzierte nicht nach, was er verbrauchte. Die Nerven konnten nicht betäubt werden, der Körper konnte dem dauerhaften Stress nicht mithalten. Der ständige Tod um ihn herum, das Gemetzel, das Leid sind alles Folgen eines Krieges, für den er sich entschied.

Aus einer Tasche in seinem Anzug lugte ein durchnässter farbiger Stoff hervor. Gedankenverloren strich er immer wieder über den rauen Stoff. Es war die Flagge seines Landes, das er in diesem weit entfernten Winkel der Welt zu verteidigen versuchte. Die Flagge rief zum Einmarsch und zur Rechtfertigung des Tötens. Das jedenfalls, wurde ihm gesagt und er folgte dem Ruf blind.

Ein Geräusch, wieder das Geräusch, dass er unter tausend Geräusche identifizieren konnte. Schritte, die näher kommen – nein, vielmehr der Feind, der sich nährte. Dann erwachten seine Sinne, das Herz pumpte das noch letzte verbliebende Adrenalin in seinen Körper. Die Beine regten sich, er stand auf und legte den Finger er an den Abzug. Durch sein rapides Aufbrechen rutschte ihm Flagge aus der Tasche, die nun langsam in eines der unzähligen Schlammlöcher fiel.

Dann erschien jemand am Eingang. Eine Frau, die sich ihm nährte. Der Soldat versuchte sie stoppen, er schrie sie an. Dann schrie sie auch, sie fuchtelte mit den Händen, dann schrie er wieder, aber es brachte nichts. Sie verstand ihn nicht.

Er schoss.

Der Knall halte kurz in der Enge, dann verteilte sich das Echo und suchte sich seinen Weg hinaus in den Regen. Die Frau hielt kurz inne, dann fiel sie mit dem Körper nach hinten. Rote Flüssigkeit sickerte aus dem Körper. Ein Stoff wedelte durch die Luft, er war weiß - hatte die Frau nicht mit den Händen gefuchtelt? Der Soldat blieb regungslos stehen und sah, wie die Flagge langsam herunterfiel und auf dem Boden landete. Instinktiv trat er hervor, schon wieder bewegten sich seine Beine ohne sein zu tun und er blickte auf die weiße Flagge, die sich langsam rot färbte.

Dann kniete er nieder, er berührte den Stoff, der sich in seine Finger hineinbiss. Doch er ließ nicht locker und steckte sie ein. Mit einer geschickten Bewegung löste er den Gurt und warf die Waffe zur Seite. Er grub seine Hände tief in den matschigen Boden und umfasste den Körper der toten Frau. Er richtete sich auf und trug sie in seinen Armen davon.

Dann trat aus der Enge hervor.